Künstliche Intelligenz – dein neues Teammitglied? Eine Praxisrecherche.
Mit einer durch künstlichen Intelligenz unterstützte Software befreundet sein? Eine KI-unterstützte Technologie als Liebespartner? Oder sogar durch KI-unterstützte Bürgerpartizipation?
Für manche scheint der Gedanke noch utopisch zu sein, jedoch ermöglicht zum Beispiel die App Replika Nutzer:innen eine:n beste:n Freund:in mithilfe von KI zu erstellen, mit dem:der sie chatten, sich unterhalten und über Hobbies austauschen können. “The AI companion who cares” ist der Slogan der App. Diese KI interagiert auf menschliche Weise mit den Nutzer:innen. Sie lernt aus Verhaltensweisen, Unterhaltungen und Datensätzen zu bestimmten Hobbies oder Themen, die der:die Nutzer:in auswählen kann. Die KI wird als animierter menschlicher Avatar dargestellt, den der:die Nutzer:in an ihre Vorlieben anpassen kann.
Und die durch KI-unterstützte Assistentin oder Vermittlerin für Onlinepartizipation? Eine Plattform, über die Bürger:innen sich an der Stadtentwicklung beteiligen können und mithilfe von KI bei der Ideenfindung unterstützt werden? Auch das gibt es schon. Hierbei handelt es sich unter anderen um das Verbundsforschungsprojekt Civitas Digitalis von der Universität Hamburg.
Doch gibt es auch schon eine KI als Companion und als Teammitglied im Kontext der Bürger Partizipation? Das war eine unserer Fragen für unsere Praxisrecherche. Companions sind in diesem Kontext mehr als nur Assistenten die auf Anfragen und Befehle reagieren. KI-Companions passen sich individuell an ihre:n Nutzer:in an, sie lernen aus Auseinandersetzung mit der:die Nutzer:in, handeln sowohl reaktiv als auch proaktiv und entwickeln einen individuellen Charakter. Über ein paar der gefunden Ansätze in der Praxisrecherche wird in diesem Blogpost berichtet. Das Ziel war es herausfinden, welche Rolle künstliche Intelligenz mittlerweile in Szenarien der Partizipation spielt und ob es schon ähnliche Projekte oder Plattformen wie die Idee des Participation Companions gibt. Die Umsetzungen waren sehr unterschiedlich, so wurden ganze Plattformen, Apps oder auch Chatbots gefunden. In vielen Städten und Ländern werden auch schon Bürgerpartizipationsplattformen genutzt oder getestet. Wie zum Beispiel in Reykjavik (Better Reykjavik), Kassel (Weck den Herkules in dir) oder Schottland. Genauer werden wir auf zwei Projekte in Deutschland eingehen: Civitas Digitalis und Social Synergy.
Civitas Digitalis
In der Rolle des Vermittlers agiert zum Beispiel der Facilibot (Von engl. Facilitator = Vermittler) von Civitas Digitalis. Civitas Digitalis ist ein Verbundsforschungsprojekt von der Universität Hamburg, der Hansestadt Hamburg, der Universität Kassel, der Stadt Kassel und der fortiss GmbH. Die Forschung befasst sich mit Digitalen und Crowdbasierten Dienstleistungssystemen zur Schaffung zukunftsfähiger und lebenswerter Lebensräume im Jahr 2020. Es geht darum, in der Partizipation Beteiligungsreichsweite und -tiefe möglich zu machen. Die Leitfrage des Projektes lautet:
“Wie können die Bedürfnisse nach Dialog, Selbstverwirklichung und Kooperation durch eine systematische Entwicklung IKT-gestützter Dienstleistungen für die Smart Service Stadt der Zukunft adressiert werden?”
Die Pilotprojekte des Projektes werden dementsprechend in Hamburg und Kassel umgesetzt.
Ein Teil dieser Forschung war die Entwicklung des Facilibots, welcher zeitgleich mit dem Faciliboard als Werkzeuge für digitale Beteiligung entwickelt wurde. Sie haben die Aufgabe zwischen den Nutzer:innen und der Stadt zu vermitteln. Der Facilibot ist ein Chatbot, welcher bei partizipativen Projekten in der Stadtentwicklung helfen soll. Seine Aufgaben umfassen zum Beispiel die Anleitung der Ideengenerierung, das Hinweisen auf aktuelle Projekte oder Tipps für die Nutzung der Plattform. Das Faciliboard ermöglicht die Strukturierung und Dokumentation der eingereichten Ideen, eine Systematisierung dieser und dass eine Einheitlichkeit im Umfang und Detaillierungsgrad der Ideen erreicht werden kann. Für diese Aufgaben wird unter anderem KI genutzt. Es geht um Bürgerbeteiligung, Ideenfindung und -generierung sowie Abstimmungen. Die Demos dieser Prototypen können auf einer Website getestet werden. Außerdem können technische Details eingesehen werden.
Ein weiteres interessantes Projekt von Civitas Digitalis ist “Weck den Herkules in dir”, das in Kassel umgesetzt wurde. Das Resultat des Projektes war eine Plattform zur Bürgerbeteiligung. Auf dieser wurden Bürger:innen Schritt für Schritt bei der Entwicklung von bürger-zentrierten Dienstleistungen angeleitet. Sie starteten mit ersten Ideen und wurden bis zur Lösungspräsentation begleitet. Entwickelt wurde diese Plattform mithilfe der verschiedenen Partner des Projektes Civitas Digitalis in einem iterativen, agilen und kollaborativen Prozess. Bei der Entwicklung des Prototypen wurden mehrere Erfolgsindikatoren festgestellt. Zum einen sind Gefühle der Selbstwirksamkeit für Bürger:innen wichtig, indem sie gesellschaftlichen Wandel mitgestalten. Außerdem wird der Begriff “Prosumenten” genannt, was so viel bedeutet wie, dass die Bürger:innen Dienstleistungen entwickeln können, die sie hinterher selber konsumieren. Eines der wichtigsten Take Aways sei außerdem “Einfach machen!”.
Social Synergy
Als digitaler Assistent soll KI bei der digitalen Partizipationsplattform von SocialSynergy (SoSy) agieren. Aber erst in der Zukunft. Das Projekt aus Stuttgart befindet sich im Alpha Release und kann noch nicht vollständig genutzt werden. Ihr Ziel ist es, Digitale Bürgerbeteiligung für Gemeinden als offene Plattform zu ermöglichen und die interne Kommunikation von Organisationen zu verbessern und interaktiver zu gestalten. Zurzeit wird das Projekt in der Gemeinde Oppenweiler getestet. Aktuell gibt es folgende Funktionen: Als Organisation meldet man sich bei dem Team von SocialSynergy per Mail, um hinzugefügt zu werden. Dann besitzt man eine eigene Timeline oder “Flowseite”. Mitglieder:innen der Organisation können sich über einen Anmeldevorgang auf der Website anmelden. Als ersten Schritt kann man sich mit Organisationen, was Städte, Gemeinden, Vereine, Parteien und Unternehmen einschließt, vernetzen. Die Organisation kann einen sogenannten “Flow” erstellen, was so etwas wie ein Beitrag oder eine Umfrage sein kann. Es kann auch an Umfragen teilgenommen oder kommentiert werden. Es gibt eine allgemeine Seite, bei der die aktuellen Ereignisse auf der Plattform eingesehen werden können. Die Plattform soll Diskussionen, Entscheidungen und Abstimmungen ermöglichen. Zusätzlich soll bald eine hochdimensionale Prozessmodellierung möglich sein. Authentizität und Authentifizierung ist durch Moderations- und Berechtigungsmodelle möglich. Weiterhin geplant ist außerdem ein digitaler Assistent. Die künstliche Intelligenz soll bei der intuitiven Bedienbarkeit helfen, das Ziel:
“Personalisiere deinen digitalen Assistent durch die Beantwortung der vom System vorgeschlagenen Fragen. Individualisiere dadurch Diskussionen, Abstimmungen und Entscheidungen.”
Insgesamt gibt es schon einige Plattformen und Anwendungen, die digitale Partizipation ermöglich und teilweise auch mithilfe von KI. Ebenso ist es bereits möglich, eine KI als Companion zu entwickeln. In Zusammenhang mit Partizipation gibt es die Anwendung von KI aber noch nicht in dem Kontext eines Companion. Auch Silvan Vollmer von SocialSynergy erzählte uns in einem Gespräch, dass die Entwicklung der KI für ihre Plattform viele Herausforderungen mit sich bringe. Ein Grund dafür könnten auch fehlende Mittel in den Partizipationsbereichen sein, ähnlich wie es bei viele Projekten ist die nicht für den freien Markt entwickelt werden. Das macht das Participation Companion Projekt besonders interessant.